Warum braucht der Mitfahrmarkt ein MetaMitfahrPortal?

Die Optimierung der Mitfahrvermittlung und der Weg dorthin

Problemstellung

Miteinanderfahren spart Geld und Nerven, senkt das Verkehrsaufkommen und schont die Umwelt und das Klima. Viele Menschen sind bereit und gewillt zusammen zu fahren. Mitfahrvermittlungen für private PKW-Fahrgemeinschaften im Internet könnten erhebliche Nutzenpotenziale bieten, sie können diese jedoch derzeit – aufgrund ihrer Vielzahl und Heterogenität und der fehlenden Transparenz des Mitfahrmarkts – nicht ausschöpfen. Eine Vernetzung über ein Metaportal verbessert deutlich deren Effizienz und Potenzial, und es ergibt sich ein hoher volkswirtschaftlicher Nutzen. Die Voraussetzung für die Einrichtung und den erfolgreichen Betrieb eines solchen Metaportals werden in diesem Projekt erarbeitet.

Vorgeschichte

Mitfahrvermittlungen per Internet sind nicht neu. Die ersten von ihnen basierten auf Ortslisten, zu Beginn nur mit größeren Städten. Für ländliche Gebiete sowie für Alltags- und Berufspendler waren sie nur bedingt nutzbar. Für den Raum Bonn entstand im Jahr 2000 das erste Konzept für ein Pendlernetz, das auch Ortslisten mit kleineren Orten der Umlandkreise enthielt. Im Herbst 2002 starteten dann Pendlernetze in Stuttgart und in Nordrhein-Westfalen.

In NRW beteiligten sich bis zu 38 Kreise und kreisfreie Städte an dem Agenda 21-Projekt „Bürgerservice Pendlernetz“. Ziel war eine möglichst große Ausbreitung, um dem zunehmenden Pendlerverkehr und den komplexen regionalen Pendler-Verflechtungen zu entsprechen. In der Folge entstanden weitere Angebote, vom“Pendlerportal“ in Schleswig-Holstein bis hin zur „MIFAZ“ in Bayern, die ihre Angebote auch in andere Bundesländer ausweiteten.

Aufgrund steigender Benzinpreise, der Klimadiskussion und der Pendlerentwicklungen stieg 2007 die Anzahl der regionalen und bundesweit nutzbaren Mitfahrvermittlungen im Internet deutlich an – 2011 gab es über 80 von ihnen, aktuell sind es noch rund 40. Ergebnis war ein immer unübersichtlicher werdendes Geflecht unterschiedlicher, sich räumlich überlappender, jedoch nicht vernetzter Mitfahrvermittlungen für Kurz- und/oder Langstreckenfahrten. Diese Vielzahl und die Heterogenität der Angebote erhöhten deutlich den Suchaufwand für das Zusammenfinden.

Fazit: Eine Vielzahl an Systemen verbessert nicht das Vermittlungspotenzial, sondern erhöht insgesamt die Anzahl der Nutzer, die benötigt werden, um die kritische Masse zu erreichen. Es ist also wichtig und sinnvoll, den Nutzern alle bestehenden Angebote über ein zentrales, aus mehreren Vermittlungsportalen zusammengeführtes Zugangsportal anzuzeigen, so dass möglichst alle Mitfahrgelegenheiten genutzt werden können.

Vor diesem Hintergrund hat eine kommunale Arbeitsgemeinschaft im Jahr 2008 beim Bundesverkehrsministerium eine Untersuchung der Auswirkungen im Rahmen des Forschungsprogramms Stadtverkehr (FoPS) angeregt; siehe auch die Projektbeschreibungen auf den Webseiten der RWTH Aachen und der ivm RheinMain. Zudem sollte ein Lösungsbzw. Vernetzungskonzept erarbeitet werden. Die Ergebnisse des Projekts zeigten: Eine Vernetzung über ein Metaportal verbessert die Effizienz und das Potenzial von Mitfahrvermittlungen deutlich, und es ergibt sich ein hoher volkswirtschaftlicher Nutzen. Die Initiierung eines Dachverbandes der Mitfahrvermittlungen zum Betrieb eines Metaportals konnte auf Grund der Konkurrenzsituation im Mitfahrmarkt damals leider noch nicht erreicht werden.

Kritische Masse

Als „kritische Masse“ wird in der Mitfahrvermittlung die Mindestanzahl an Personen bezeichnet, die in einem Vermittlungsportal zusammenfinden muss, um für bestimmte Fahrtrouten Fahrgemeinschaften zu ermöglichen.

Die Problemstellung wird in einem Vergleichsbild deutlich: Mitfahrvermittlung funktioniert wie ein Schwimmbad, in das man das Wasser zum Schwimmen mitbringen muss. Nur wenn genug Menschen zusammenfinden, ist der Wasserpegel im Becken hoch genug zum Schwimmen. Das bedeutet auch, dass mit der Anzahl der „Schwimmbäder“ der Bedarf an interessierten Nutzern zur Erreichung der kritischen Masse entsprechend ansteigt.

Betrachtet man als Beispiel regionale Pendlerströme vom Wohnort zum Arbeitsort, wird deutlich, dass es, je geringer die Pendlerströme sind, desto schwieriger wird, bei einer Vielzahl an Mitfahrbörsen das insgesamt vorhandene Potenzial an Fahrgemeinschaften auszuschöpfen. Im ländlichen Raum, mit geringeren Pendlerströmen zwischen 10 und 100 Pendlern, eröffnet erst eine Vernetzung der bestehenden Angebote die Möglichkeit, Mitfahrer zu finden.

Ein neuer Anlauf

Die Motivation für das jetzige Projekt fußt auf der „Umfrage zum Einbruch des Mitfahrmarktes“ einer Mitfahrvermittlung im Herbst 2016, die bereits am FoPS-Projekt beteiligt war.

Die Rückmeldungen der Nutzer dokumentierten Ratlosigkeit über die Abnahme der Anzahl der Mitfahrangebote und -gesuche in den verschiedenen Vermittlungsangeboten.

Hierdurch angeregt, bildete sich in den folgenden zwei Jahren die Projekt-Arbeitsgruppe, die das Projekt MetaMitfahrPort initiierte. Mehrere Verbände und Kommunen konnten bereits zur Projektbegleitung und für die notwendige Öffentlichkeitsarbeit als Unterstützer gewonnen werden. Zudem wurden im Jahr 2018 beim Bundesverkehrsministerium Fördermittel im Rahmen des Modernitätsfonds mFUND für eine Machbarkeitsstudie zur Vorbereitung der Umsetzung eines MetaMitfahrPortals eingeworben.

Vorhaben und Ablauf

Die Machbarkeitsstudie läuft von November 2018 bis Oktober 2019. Sie dient der Informationsbeschaffung und -vermittlung, Evaluierung des Spektrums an Akteuren, Erfassung und Abstimmung der Anforderungen zur Umsetzung des Metaportals und zur Aufwandsabschätzung. Darüber hinaus sollen bereits organisatorische, technische und rechtliche Fragen für die Erstellung sowie den späteren Betrieb und das begleitende Marketing abgeklärt werden.

Ziel ist es, mit Einbindung der Betreiber der bestehenden Mitfahrvermittlungen und weiterer Akteure im Sinne von Mobilität 4.0 ein zeitgemäßes Konzept für ein offenes neutrales „Metaportal“ als Mitfahrmarkt (sowie einem dazugehörigen offenen Standard und optionale OpenData-Konzepte) zu entwickeln und das Portal im weiteren Verlauf per App über Smartphone und Tablet nutzbar zu machen. Dabei wird das Portal als gut erläutertes, reines Suchportal konzipiert. Die Einführung des Metaportals soll durch ein breites Marketing begleitet werden, welches die Möglichkeiten und Vorteile des Miteinanderfahrens in Fahrgemeinschaften vermittelt und Vorbehalte abbaut.

In einer folgenden zweiten Phase sollen Metaportal und App umgesetzt, erprobt und in Verbindung mit dem Marketing in den „Normalbetrieb“ überführt werden.

Kooperation, Öffentlichkeitsarbeit und Entwicklung zweckmäßiger Strukturen

Während der Projektvorbereitung wurden bereits Interessenverbände, Institutionen und Kommunen als strategische Partner angesprochen. Diese und weitere Akteure sollen in der ersten Phase vertieft über den Projekthintergrund und die Entwicklung informiert und für die Mitwirkung gewonnen werden.

Die Beteiligung von Verbänden, Kommunen und Medienpartnern ist zur Erzielung der notwendigen Breite bei der Nutzeransprache, beim Marketing und für die Gestaltung des Metaportals und somit für den Erfolg des Projekts sehr wichtig. Des Weiteren sollen themennahe Projekte z.B. aus dem Bereich des Mobilitätsmanagements und verkehrsmittelübergreifende Informationsangebote kontaktiert werden.

Die Gespräche in dieser ersten Projektphase mit den Betreibern der Vermittlungsportale, den interessierten Verbänden und weiteren Akteuren sollen zudem zur Entwicklung zweckmäßiger Strukturen für den Betrieb des Metaportals genutzt werden (Betreibermodell/Organisation/neutrale Trägerschaft/Finanzierung/Dachmarke).

Ziel ist ein mit allen Beteiligten erarbeiteter, konsensual abgestimmter Fahrplan für die zweite Projektphase, ein Umsetzungskatalog, der die Anforderungen der Mitfahrvermittlungen an die Schnittstelle des Metaportals sowie den Rahmen der Zusammenarbeit beschreibt als auch deren Bereitschaft zur Beteiligung dokumentiert und auf dieser Basis eine Kosten- und Finanzierungsabschätzung für die Erstellung und den Betrieb des Metaportals als Mitfahrmarkt ermöglicht.

Als Ergebnis des Dialogs mit den verschiedenen Akteuren enthält der Katalog außerdem ein Grobkonzept für das begleitende Marketing in Phase 2 (Anforderungen, Aufwandsbeschreibung, Kostenabschätzung, Pflichtenheft).

Mit der Durchführung von Phase 2 soll begonnen werden, wenn sich eine hinreichende Zahl an Mitfahrvermittlungen und Partnern beteiligen. Wer am Anfang noch nicht dabei ist, kann auch später noch hinzukommen.

Projektablauf

  1. Zu Beginn werden die Ergebnisse des FoPS-Projektes als Basisinformation für Projektpartner zusammengefasst und als Problemaufriss zugänglich gemacht. Zudem werden die Datengrundlagen (Pendlerstatistiken, Nutzung von Fahrgemeinschaften) durch aktuellere Erhebungen ergänzt. Prozessbegleitend werden bei Bedarf ein User-Interface- und App-Experte und eine themenbezogene Rechtsberatung eingebunden.
  2. Zur Vorbereitung der späteren Ansprache der Betreiber werden anschließend in einer Status QuoVoruntersuchung die aktuell in Deutschland nutzbaren Mitfahrvermittlungen und verkehrsmittelübergreifenden Informationsportale erfasst (quantitativ und qualitativ) und Veränderungen in Bezug auf das FoPS-Projekt (Anzahl, Funktionalität, Mindeststandards) identifiziert. Die verschiedenen Daten-Schnittstellen-Standards werden untersucht und zusammengefasst. Zudem starten die Ansprache von Verbänden, Kommunen und der OpenData-Community und deren prozessbegleitende Einbindung.
  3. Als nächstes werden die Betreiber der Mitfahrvermittlungen angesprochen und über die für sie relevanten Ergebnisse des FoPS-Projekts, das geplante Metaportal als Mitfahrmarkt, das begleitende Marketing (in Kooperation mit strategischen Partnern) und die Vorteile einer Beteiligung an dem Suchportal informiert. Im Rahmen dieses Dialogs sollen die Anforderungen an die offene Datenschnittstelle ergänzt und konkretisiert werden.
  4. Parallel werden verkehrsmittelübergreifende Informationsportale, themennahe Internetangebote und Projekte angesprochen, informiert und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit bzw. Vernetzung mit dem Metaportal abgeklärt. Im Anschluss werden die Ergebnisse der verschiedenen Dialoge zusammengefasst und für die Vorstellung während einer Abstimmungs-Tagung aufbereitet.
  5. Im Rahmen der zweiteiligen Tagung (Verbände, Kommunen, interessierte Akteure) werden im ersten Teil retrospektiv die Ergebnisse des FoPS-Projektes, der Status-Quo der Voruntersuchung des Mitfahrmarktes und der Gespräche mit den Betreibern der Mitfahrvermittlungen vorgestellt. Anschließend werden Möglichkeiten zur Aktivierung/Förderung der Nutzung von Fahrgemeinschaften in Deutschland mit den eingebundenen Fachverbänden und weiteren Experten diskutiert, um Hemmnisse zu identifizieren. Im zweiten Tagungsteil werden frühere Kampagnen (Werbemedien, Aktionen, Erfahrungen) vorgestellt und die Ausgestaltung des Marketings für das neue Metaportal mit den Akteuren erörtert. Darauf aufbauend sollen die Verbände im Nachgang intern abklären, in welcher Form sie im Rahmen der Verbandsarbeit für das MetaMitfahrPortal werben möchten.
  6. Aus den Ergebnissen des Dialogs mit den verschiedenen Akteuren, der Tagung und den Rückmeldungen der Verbände wird ein Grobkonzept für das Marketing entwickelt.

Die Projektpartner

TAT TECHNIK ARBEIT TRANSFER GGMBH

Die Projektgesellschaften des TAT bearbeiten seit über 25 Jahren Themen der Nachhaltigen Entwicklung im Spannungsverhältnis Technik, Arbeit und Transfer, auch zahlreiche Projekte zum Thema “ darunter Nachhaltige Mobilität“.

Gerburgis Löckemann
Hovesaatstraße 6, 48432 Rheine
Telefon: +49 (0) 5971 990-195
E-Mail: mail@tat-zentrum.de
Internet: tat-zentrum.de

BÜRO FÜR NACHHALTIGKEIT UND MOBILITÄT (BÜNAMO) · ROLF MECKE

Rolf Mecke arbeitet seit 2002 in verschiedenen Projekten zum Thema „Nachhaltige Mobilität“ und dabei wiederholt im Bereich Mitfahrvermittlung. Im Rahmen seiner Tätigkeit unterstützte er Kreise, Städte und Verkehrsunternehmen bei der Öffentlichkeitsarbeit und bei der Umsetzung von kommunalen und betrieblichen Mobilitätsmanagementprozessen. Außerdem berät und unterstützt er Verbände bei der Medienarbeit und im Bereich Social Media.

Rolf Mecke
Moyländer Straße 38, 47574 Goch
Telefon: +49 (0) 2823 9259477
E-Mail: rolf.mecke@mmport.de
Internet: mmport.de

BINARY BUTTERFLY · ERNESTO RUGE

Ernesto Ruge ist freiberuflicher Entwickler und Berater. Er entwickelt Datenportale / Schnittstellen und ist einer von drei Kernentwicklern des Industriestandards OParl. Im Bereich Mobilität leitet er u.a. die Entwicklung von Giro-e (Konzeptentwicklung, leistungsfähiges Daten-Backend, Schnittstellenentwicklung), mit welchem die GLS Bank eine universelle Abrechnungsschnittstelle für Girocards an E-Auto-Ladesäulen anbieten will. Im Web-Umfeld ist Ernesto Ruge auch als Experte für technische Analysen bekannt, mit einem umfangreichen Netzwerk.

Ernesto Ruge
Am Hertinger Tor 1, 59423 Unna
Telefon: +49 (0) 2303 6766916
E-Mail: ernesto.ruge@binary-butterfly.de
Internet: binary-butterfly.de

Der Text steht unter der Lizenz Creative Commons BY. Autor ist Rolf Mecke. Als Teil der Schriftenreihe MMPkompakt kann er auf der Seite des TAT in Form einer PDF heruntergeladen werden.

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